Einige Regeln für gutes WebdesignAutor: Udo Kusemann In diesem Beitrag geht es um grundsätzliche Fragen des Webdesign. Für Detailfragen sei hier beispielhaft auf folgende Seiten verwiesen:
Inhalt1. Das
World Wide Web
2. Die W-Fragen 3. Was ist "gutes" Webdesign? 4. Intentionsanalyse: Warum eine Website? 5. Zielgruppenanalyse: Wer soll die Website besuchen? 5.1 Farben
(be)wirken 6. Projektlayout - Wo bin ich nun gelandet?5.2 Leserlichkeit - lesen ohne Anstrengung 5.3 Orientierung ermöglichen 5.4 Lesbarkeit - gelesenes verstehen 7. Seitenlayout - Struktur oder Konfusion? 8. Werbung - Weniger kann mehr sein Das World Wide WebDas Internet entwickelt sich in einer unglaublichen Geschwindigkeit. Aus ein paar Technikfreaks die im textbasierten Internet kommunizierten und die ersten Seiten mit Hyperlinks ins WWW stellten sind heute Millionen User mit unterschiedlichsten Kenntnissen und Ambitionen geworden. In den frühen 90ern tauschte man Informationen aus, heute werden im WWW Millionen verdient. Aus ellenlangen Texten wurden grelle Bildershows auf denen sich alles bewegt und blinkt - ähnlich den Straßenzügen im Spielerparadies Las Vegas. Der Inhalt der Websites wird automatisch generiert und auf die durch Cookies festgestellten Bedürfnisse des Users zugeschnitten. Dynamisch muss es heute sein. Es ist im WWW nicht anders als in anderen Bereichen des Lebens. Was möglich ist wird auch realisiert. Was noch nicht realisierbar ist muss möglich gemacht werden. Niemand scheint dabei nach den Konsequenzen zu fragen. Hat das alles einen Sinn? Auf langsamen Rechnern und über Telefonleitungen war einfaches HTML im WWW vollkommen ausreichend. Bilder konnten ohnehin nicht gezeigt werden, oder man musste bei einen kleinen Bild 15, 20 oder 30 Sekunden warten bis über den Akustikkoppler die Startseite der Website aufgebaut war. Glücklich waren die stolzen Besitzer schneller Modems. Heute hat fast jeder User (zumindest in den Industrienationen) einen schnellen Anschluss (z. B. DSL) der die Frage nach den Ladezeiten nicht mehr aufkommen lässt. Bessere Techniken weckten Begehrlichkeiten nach graphischen Darstellungen, dynamischem Seitenaufbau, Multimedia, Online-Spiele, Internetradio, Videostreaming, und, und, und...
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Diese und ähnliche Fragen werden wir in dem vorliegenden Beitrag beleuchten, denn es sind grundsätzliche Fragen zum Webdesign die zu häufig beiseite geschoben oder als nebensächlich abgetan werden. Das geschieht entweder aus Bequemlichkeit oder aus Unwissenheit.
Heute möchte jeder Webseiten erstellen der einen WYSIWYG-Websiteeditor bedienen kann. Mittlerweile scheinen dazu nicht einmal HTML-Kenntnisse notwendig um etwas im WWW zu veröffentlichen, so will es uns zumindest manche Werbeabteilung nahebringen. Doch auch professionelle Webdesigner - oder besser: berufliche Webdesigner - machen manchmal unglaubliche Fehler, sei es aus mangelnder Kenntnis der Problemstellung oder durch Zwang von Vorgesetzten die ihre eigene Kompetenz beim Webdesign vollkommen falsch einschätzen.
Dieses Web-Projekt wurde wird ausschließlich mit der Software KompoZer (früher Nvu) erstellt. In diesem Projekt bekommen Sie an anderer Stelle einige weitere Informationen zu KompoZer.
Wenn Ihnen KompoZer nicht gefällt, nutzen Sie ruhig ihren gewohnten Website-Editor. Doch eines ist dabei wichtig: Ihr Editor sollte die HTML-Variante "strikt" unterstützen, denn es erleichtert die Arbeit ungemein, wenn Sie nicht ständig Browserweichen für jeden Browser und verschiedene Browserversionen erstellen wollen. Die Variante "Strikt" ist bei kleinen und mittleren Projekten für über 90% der Anwendungsfälle völlig ausreichend und zudem stabil.
Ein Webdesigner sollte immer bestrebt
sein das Web-Projekt so einfach wie möglich zu halten. Je näher die
Website am W3C-Standard orientiert ist und je einfacher die
eingesetzten Verfahren sind, desto stabiler, einheitlicher,
zukunftssicherer und pflegeleichter ist sie. Die technische
Realisierung einer Website ist erst der zweite
und mit etwas Übung auch der leichtere Schritt. Vorweg sollten Sie
als Webdesigner einige wesentliche Fragen beantwortet haben (das gilt
sinngemäß natürlich auch für den Auftraggeber einer Website).
Ist es überhaupt möglich von gutem und schlechtem
Webdesign zu sprechen? Ist das nicht Geschmacksache?
Die Antwort darauf ist eindeutig JA und NEIN!
Als Egozentriker kann ich natürlich machen was ich will, ohne mich um die Empfindungen, Meinungen und Interessen anderer Leute zu scheren. "Dies ist eben mein Geschmack, ich finde das schön, also ist es so richtig und damit basta." Wir wollen hier Niemanden in seiner Selbstgefälligkeit stören. Doch warum bastelt Jemand mit dieser Meinung eine Website, die doch von millionen Menschen auf der ganzen Welt betrachtet werden kann? Er möchte doch eine Außenwirkung erzielen, sonst würde er vielleicht Bilder malen und sie nur zu Hause aufhängen. Eine Website mit außergewöhnlichem Layout und hohem künstlerischen Anspruch nützt nichts, wenn meine Zielgruppe damit nichts anzufangen weiß.
Die erste Bedingung für gutes Webdesign ist natürlich gutes Werkzeug und dessen Beherrschung (mindestens Grundkenntnisse in HTML, Hyperlinktheorie, CSS, Browsereigenschaften). Dazu kommt die Anwendung psychologischer und lernphysiologischer Erkenntnisse. Ein Webdesigner ist in erster Linie ein Redakteur. Er benutzt Sprache und Layout um seinen Lesern ein Thema nahezubringen. Erst wenn das alles stimmt kommt der Geschmack ins Spiel. Gutes Webdesign hat jedoch nicht viel mit dem eigenen Geschmack zu tun. Auf den Geschmack der potentiellen Besucher kommt es an!
Wir
werden hier die wichtigsten Bedingungen für gutes Webdesign behandeln.
Nach der Lektüre diese Artikels haben Sie vor allem eine andere Sicht
auf die eigene Arbeit. Möglicherweise erkennen Sie was sie bisher
falsch oder richtig gemacht haben. Das Thema "gutes Webdesign" wird
jedoch nicht erschöpfend behandelt. Aber Sie haben anschließend einen
Einblick in das Thema und können in die
richtige Richtung weiterforschen.
Warum möchten Sie / Ihr Auftraggeber eine Website betreiben? Diese Frage ist nicht so trivial wie Sie jetzt vielleicht denken. Die Antwort auf diese Frage entscheidet vor allem über den Umfang des anvisierten Projektes und über laufende Kosten (und Zeitaufwand) für Servermiete, Support und Pflege. Dies sind exemplarisch einige Gründe für Webauftritte:
Aus diesen verschiedenen Wünsche ergeben sich wichtige Konsequenzen für den Webdesigner als auch für den Auftraggeber. Das betrifft Kosten für die "Programmierung" der Website, den Zeitrahmen der Erstellung, und den Aufwand für die Pflege des Webauftritts. Dabei ist es auch die Aufgabe des Webdesigners den Auftraggeber auf einige Konsequenzen seiner Wünsche aufmerksam zu machen. Beispielsweise erfordern aktuelle Informationen auf einer Website eine ständige Pflege. Diese Pflege verursacht weitere Kosten und Zeitaufwand. Außerdem muss ständig Neues zu berichten sein. Es gibt wohl kaum etwas schlimmeres als eine drei Jahre alte Produktankündigung unter der Rubrik "Aktuelles". Wenn der Auftraggeber nichts aktuelles zu berichten hat, das seine Leser interessieren könnte, sollte er auf diese Rubrik verzichten. Dem Auftraggeber sind diese Zusammenhänge nicht immer in vollem Umfang klar - hier muss der Webdesigner informieren.
Auch ein Webshop kann unerwartet hohe Kosten
verursachen, wenn die online
anzubietenden Produkte alle noch
photographiert werden müssen und wenn die Produktpalette häufig
wechselt.
Die Antwort nach dem "Warum" bringt im Vorfeld des Projektes eine erste Klärung des Umfangs und des Aufwands. Doch die Klärung dieser Frage ist zwar notwendig, aber noch nicht hinreichend für die Planung des Projektes.
Die Frage nach der Zielgruppe ist bei einem Website-Projekt am schwierigsten zu beantworten. Die Frage lässt sich weiter differenzieren:
Diese Liste lässt sich wahrscheinlich endlos fortführen. Nicht auf alle Fragen lassen sich klare Antworten finden. Doch nur wenn wir eine Vorstellung von den Menschen haben die die geplante Website besuchen werden (oder besuchen sollen), können wir ihre Bedürfnisse im Konzept zur Website berücksichtigen. Wir fertigen ein Profil eines typischen Besuchers unserer geplanten Website an. Computerleute denken nun möglicherweise an "Benutzerprofile" die die Arbeitsumgebung eines Users beschreiben. Ein solches Profil ist hier nicht gemeint. Es geht hier eher um ähnliche Profile wie sie Kriminalpsychologen erstellen um dem Täter näher zu kommen, ähnlich wie man das in manchen Kriminalfilmen sehen kann. Wir sind also auch (und vor allem) Zielgruppenprofiler! Wir suchen die typischen Eigenschaften der User die unsere Website besuchen werden. Das geht natürlich nicht mit der absoluten Zuweisung von definierten Eigenschaften. Aber es geht mit der Untersuchung von wahrscheinlichen Bedürfnissen, Vorlieben und Eigenschaften der erwarteten Benutzer unserer Website.
Wenn das Profil unserer Leser weitmöglichst definiert ist können wir die Wissenschaften und die empirische Forschung heranziehen um unsere Website optimal auf das Profil zuschneiden.
In der Psychologie und der Lernphysiologie bekommen wir wichtige Anhaltspunkte dafür, wie eine Website auf bestimmte Besuchergruppen wirken kann.
Es
gibt verschiedene Untersuchungen
darüber wie Menschen auf Farben reagieren. Johann Wolfgang von Goethe
legte in seiner Farbentheorie den Grundstein der Farbenpsychologie.
Farben rufen Assoziationen und Gefühle hervor. Doch Farbempfinden
ist nicht immer einheitlich.
Bei
manchen Farben kann sich das
Empfinden je nach Alter, Geschlecht und Kulturkreis
unterscheiden.
So scheinen z.B. Frauen einen größeren Hang zu
Rosa
und Pink zu haben als Männer, während Männer eine größere
Vorliebe
für Blau empfinden. Rot ist im westlichen Kulturkreis eine
Signalfarbe die (u.a.)
auf mögliche
Gefahren
hinweist, während in China Rot eine Glücksfarbe mit absolut positiver
Bedeutung ist. Große Werbeagenturen beschäftigen einen ganzen Stab von
Psychologen die sich nur mit der Psychologie der Wahrnehmung
beschäftigen. Farben nehmen darin eine zentrale Stellung ein. Am Ende
dieses Artikels finden Sie eine Linksammlung zum Thema Farben.
Wir wählen die Farben der Website also möglichst so, dass sie unsere Zielgruppe bestmöglich ansprechen, gleichzeitig aber bei anderen Lesergruppen nicht unangenehme Assoziationen hervorrufen.
Bei größeren Unternehmen oder Verbänden sind die zur
Verfügung stehenden Farben gelegentlich im Corporate Design
festgelegt.
Das schränkt die Farbauswahl zwar ein, meist ist das Design aber
bereits auf die Zielgruppe des Unternehmens oder Verbandes
zugeschnitten, so dass bei der Farbgebung keine ablehnenden Reaktionen
zu befürchten sind. Zeigt sich jedoch, dass die Farben des Corporate
Design nicht mit den Vorlieben der Zielgruppe übereinstimmen, muss die
Farbgestaltung der Website so erfolgen, dass die gewählten Farben
zueinander passen, sich nicht beißen. Im Notfall wählt der Webdesigner
"neutrale" Farben, die zwar die Zielgruppe nicht unbedingt ansprechen
aber auch
nicht negativ wirken.
Auch die Leserlichkeit der Website muss bei der
Farbwahl berücksichtigt
werden. Die Farbwahl muss eine optimale Leserlichkeit der Texte
gewährleisten. Der Kontrast zwischen Schriftfarbe und
Hintergrundfarbe muss ausreichend groß sein,
darf aber auch nicht zu Blendungen führen (Gefahr bei heller Schrift
auf dunklem Hintergrund). Es darf den Leser keinerlei Anstrengung
bereiten den dargebotenen Inhalt wahrzunehmen und zu verarbeiten, denn
der Inhalt ist die Botschaft an die Zielgruppe. Dem Webdesigner
obliegt die Aufgabe diese Botschaft bestmöglich zu vermitteln.
Schließlich ist hier noch ein Hinweis zur
Barrierefreiheit nötig. Beachten Sie bei der Farbwahl auch die Regeln
zur
Barrierefreiheit ihres
Web-Projektes (z. B. bei Farbenblindheit mit Rot-grün-Schwäche).
Die
Leserlichkeit ist von der
Lesbarkeit
zu unterscheiden. Bei der
Lesbarkeit handelt es sich um inhaltliche Fragestellungen während die
Leserlichkeit durch technische Sachverhalte bestimmt wird.
Gute Leserlichkeit bedeutet schnelles sicheres Lesen ohne Anstrengung, damit der Leser sich problemlos dem Inhalt des Textes widmen kann. Die ganze Aufmerksamkeit des Lesers gilt somit dem Verstehen des Textes.
Zur Leserlichkeit zählen z, B.:
Wenn
wir einen Text lesen erfasst unser Auge in der Regel nicht einzelne
Buchstaben sondern Wordbilder. Dabei werden Wörter mit einer Länge von
fünf bis sechs Zeichen recht zuverlässig und augenblicklich erkannt. Lange
unbekannte Wörter werden auch Silbe für Silbe oder gar Buchstabe für
Buchstabe gelesen. Das Auge tastet den Text jedoch nicht kontinuierlich
wie
ein Scanner ab. Vielmehr springt das Auge in der Zeile jeweils
ein Wort oder mehrere Wörter weiter. Trainierte Leser erfassen bis zu
fünf Wörter
gleichzeitig (sogenannte Querleser). Dabei benötigt das Auge
eine
klare Führung um die Zeile nicht zu verlassen. Erst am Zeilenende muss
das Auge umschwenken und möglichst leicht den Anfang der nächsten Zeile
finden. Dazu muss das Auge sich auf der Seite (am Bildschirm)
orientieren können (an welcher Position befindet sich meine Zeile?).
Der Orientierungsmöglichkeit des Lesers innerhalb einer Website oder eines einzelnen Beitrags wird häufig viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Gerade Personen die nur gelegentlich surfen verlieren oft die Orientierung innerhalb der Website und auch innerhalb von einzelnen längeren Beiträgen. Bei Print- Produkten gibt es meist viele verschiedene Orientierungspunkte für das Auge. Sei es die Werbung auf der gegenüber liegenden Seite oder die Abbildung am Seitenrand. Wenn der Leser auf einer Website durch einen Beitrag scrollt oder auf den Button nächste Seite klickt, benötigt er ebenfalls Orientierungspunkte um gegebenenfalls zu einer interessanten Stelle zurückkehren zu können oder am nächsten Tag an einer bestimmten Stelle weiterarbeiten zu können. Zwischenüberschriften und vor allem Abbildungen im Text erleichtern sowohl einen raschen Lesefluss als auch eine Orientierung im gesamten Dokument. Zudem erhöhen Abbildungen im Text den Lerneffekt. Das Gehirn knüpft Assoziationen zwischen gelesenem Text und der zugehörigen Abbildung. Die notwendige Häufigkeit dieser Abbildungen hängt von der Lernübung des Lesers ab (siehe Zielgruppenprofil).
Daraus ergibt sich folgendes (je nach Profil der Zielgruppe natürlich etwas variabel):
Für unser Benutzerprofil ergibt sich daraus die Frage wie lesegeübt unsere Zielgruppe ist. Handelt es sich um Personen die sehr viel lesen, evtl. sogar am Bildschirm, oder lesen sie eher selten? Für Gelegenheitsleser müssen die oben angeführten Folgerungen sehr streng ausgelegt werden. Das wird Viellesern nicht schaden, umgekehrt aber würden Gelegenheitsleser ausgeschlossen.
06.05.2008 - Fortsetzung folgt
Thema Farben:
Thema Leserlichkeit:
Udo Kusemann konzipierte Ende der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts die erste professionelle Ausbildung für Webdesigner in Deutschland an der Technischen Akademie Wuppertal. Als Technischer Redakteur erstellt er Konzepte für Webprojekte.
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